Entwicklungsgeschichte oder Evolution

Wir alle sind Kinder der Evolution. Wir sind ihre Gegenwart, doch nicht ihr Ende oder gar Ziel.

Evolution heißt „ausrollen“ oder „entwickeln“. Evolution ist die Geschichte der kosmischen und biologischen Entwicklung. Diese Geschichte begann in unserem Universum vor ca. 14 Milliarden Jahren mit dem, was man Urknall nennt. Sie wird, wenn man die Bewegung der kosmischen Massen zugrunde legt, noch weit mehr als weitere 14 Milliarden andauern.

Dabei sicherlich irgendwann wieder ohne den Menschen, der das bisher erste bekannte Wesen ist, das diese Entwicklung erkennen und sogar bewusst mitsteuern kann: als Träger von Kultur und als Störer, ja Zerstörer der irdischen Entwicklung.

Man unterscheidet die kosmische (oder chemische) Evolution als Entwicklung des Weltalls und der Materie, die biologische Evolution als Entwicklung des irdischen Lebens, und die Evolution des Menschen und seiner Kultur. Da die Zeiträume, in denen diese Entwicklung vor sich ging, so unvorstellbar groß für ein kleines menschliches Gehirn sind, kann man den bisherigen Gang leichter einordnen, wenn man ihn auf ein einziges Erdenjahr umrechnet:

Dann ist der sogenannte Urknall der Start am ersten Januar. Etwa ab dem 26. Januar gibt es leuchtende Sterne, im Mai die riesigen, spiralförmigen „Milchstraßen“ (Galaxien).

Lange nach der Jahreshälfte, nämlich im August, entsteht unser Sonnensystem. Erst Anfang Oktober gibt es Wasser auf der Erde. In der letzten Woche dieses Herbstmonats tritt erstes Leben auf.

Im November erfinden die Blaualgen die Solartechnik zur Energiegewinnung. Als Abfallprodukt aus der Assimilation entsteht die mit Sauerstoff angereicherte Atmosphäre.

Erst im letzten Monat des Jahres treten Einzeller auf. Am 18. Dezember kann man in erste Pflanzen und Tiere unterscheiden.

Wir schreiben bereits den 21. Dezember, als das Leben aufs Land geht. Zu Weihnachten gibt es erste Panzerechsen und Saurier. Doch um die Mittagszeit des 30. Dezember geht deren Herrschaft zu Ende; Vögel und Säugetiere breiten sich aus.

Schon sind wir also am letzten kleinen Tag dieses Evolutionsjahres. Er neigt sich schon zur Nacht, als die ersten menschenartigen Wesen in Erscheinung treten: gegen 21,30 Uhr.

Unser direkter Vorfahre – der Homo Sapiens – ist sogar erst im letzten Viertel der letzten Stunde des letzten Tages im Geschäft!

Lächerliche 20 Sekunden vor Ablauf dieses reichen Jahres gehen die Eiszeiten zu Ende. Weitere zehn Sekunden später stellten die Menschen Bronzewerkzeuge her. Acht Sekunden vor Null gibt es Rad und Töpferscheibe, seit sieben Sekunden die Schrift. Vor fünf Sekunden bauten die alten Griechen ihre Tempel, vor vier Sekunden wurde Christus geboren, vor einer Sekunde Amerika von Columbus entdeckt.

Vor schon nur noch mit der Stoppuhr messbaren 0,2 Sekunden fuhren die ersten Autos, vor 0,1 Sekunden explodierte die erste Atombombe.

In weiteren Bruchteilen einer Sekunde dieses reichen Evolutionsjahres, in dem es doch kaum auf einen Tag, eine Stunde, Minute, Sekunde ankommen sollte, können wir es schaffen, diesen blauen Planeten wieder unbelebbar zu machen: Nicht nur durch Atombomben, vor allem durch die Zerstörung der winzig dünnen Haut, die dieser vielleicht einzig belebte Planet dieses Universums schützend über sein Leben gezogen hat – die Atmosphäre.

Dies ist ein Klickwort zum Roman „Sofies Spiegelwelt“ von Karl-Josef Durwen